Rückblick zum Jubiläum der Stadt Hildesheim
Ausgehend vom Gründungsjahr des Bistums, schaute unsere Stadt 2015 auf 1200 Jahre Geschichte zurück. Frühe Ansiedlungen gab es im Umland jedoch schon, bevor das Bistum gegründet wurde. Entlang des Hellwegs – einer Handelsstraße, die hier die Innerste querte – entstanden erste Höfe und die sogenannte Wik, ein Rast- und Handelsplatz reisender Kaufleute. Nachdem sich mehr und mehr Händler dort niederließen, erwuchs daraus im 8. Jahrhundert eine Kaufmannssiedlung. Zum Ursprung des Namens unserer Stadt gehen die Meinungen auseinander. Doch da ihr Name den alten deutschen Personennamen Hildin enthält, scheint es zumindest plausibel, dass die Siedlung nach dem Namen einer Herberge (etwa „Hildins Heim“) benannt worden sein könnte und die spätere Stadt diesen Namen übernahm.
Der Gründungsmythos: ein Rosenstock und ein Haus
Einer Legende nach verlor Ludwig der Fromme sein mit dem Heiligtum der Mutter Maria gefülltes Brustkreuz. Als es sich an einem Rosenstock hängend wiederfand, ließ es sich nicht abnehmen. Der Rosenstrauch schien es mit aller Kraft festhalten zu wollen. Dies nahm der Kaiser als Zeichen Gottes, ließ direkt neben dem Rosenstock eine Kapelle zu Ehren der Muttergottes errichten und gründete damit im Jahr 815 das Bistum.
Seither ist die Rose das Wahrzeichen von Hildesheim und zugleich Symbol für das Werden und den Fortbestand der Stadt. Denn allen Widrigkeiten trotzend steht der sagenumwobene Rosenstock noch heute auf dem Friedhof des Mariendoms. Es handelt sich dabei um ein Exemplar der Hundsrose (Rosa canina L.), einer Wildrosenart, die sich dank nachwachsender Wurzeltriebe immer wieder erneuern kann. Es heißt, solange diese Rose blühe, werde die Stadt nicht untergehen.
Bau erster eindrucksvoller Immobilien
Die Anfangsjahre des neu gegründeten Bistums waren vor allem durch die jeweiligen Bischöfe geprägt, nicht zuletzt durch deren rege Bautätigkeit und die von ihnen errichteten Bauwerke. Auf die Bischöfe Gunthar, Rembert und Ebo folgte Bischof Altfried, unter dem der erste Dom erbaut wurde. Während der Amtszeit von Bischof Bernward wurde der Bereich der Domburg um eine Mauer und die Michaelskirche (im Jahr 1010) erweitert. Zwischen Michaelskirche und Dom lag der Alte Markt.
Gleichzeitig entstand am Beginn des 11. Jahrhunderts in Ergänzung zum Hellweg als Ost-West-Tangente ein Handelsweg in Nord-Süd-Richtung. Dort, wo sich beide Handelsstraßen kreuzten, erwuchs eine neue Siedlung, in der Handwerk und Handel florierten. Hildesheim erlebt eine erste Blütezeit und wird in einer Urkunde aus dem Jahre 1146 zum ersten Mal als Stadt bezeichnet. 50 Jahre später (1196) wurde direkt neben der Altstadt die Dammstadt und kurz darauf die Neustadt gegründet. Ein Rathaus wird erstmals im Jahr 1217 erwähnt – Hinweis darauf, dass Bürgerschaft und Gilden ebenfalls repräsentative Bauwerke schufen.
Mariendom, Kirchen, Rathaus und Bürgerhäuser, all diese architektonischen Zeugnisse kündeten in den nachfolgenden Jahrhunderten vom Reichtum der alten Bischofsstadt an der Innerste, von der Frömmigkeit ihrer Bürger ebenso wie von deren wachsendem Selbstbewusstsein. Mehr und mehr emanzipierten sich die Bürger vom Bischof als ihrem rechtmäßigen Stadtherren. Hildesheim entwickelt sich zu einer Bischofsstadt mit selbstbewussten Bürgern. 1368 wird die Stadt Mitglied des Städtebundes der Hanse.
Das Tempelhaus (1457) gilt als eines der ersten Privathäuser. Weitere Beispiele sind das Rolandhaus und das Wedekindhaus. Es entstehen repräsentative Immobilien der Zünfte und Gilden wie das Wollenwebergildehaus (1600) und das Knochenhaueramtshaus.
Doch Aufschwung und wachsender Reichtum sind nur eine Seite der Medaille. Denn im Lauf der Geschichte wurde unsere Stadt wieder und wieder von unterschiedlichen Schicksalsschlägen hart getroffen.
Die Stadt musste vielen Übeln trotzen
Drei Pestepidemien im ausgehenden 16. Jahrhundert kosteten fast 9000 Einwohner das Leben. Den Verbliebenen setzen die Repressalien des Dreißigjährigen Krieges arg zu, währenddessen die Stadt mehrfach belagert und besetzt wurde. Damit nicht genug forderte die Pest im Jahr 1626 weitere Opfer. Hildesheim erlebte einen wirtschaftlichen Niedergang.
Nach weiteren Wechselfällen der Geschichte wurden unter einer ersten preußischen Herrschaft Alt- und Neustadt zu einer Stadt vereinigt. Als Hildesheim nach dem Deutschen Krieg 1866 erneut zu Preußen gehörte, bewirkte das einen raschen wirtschaftlichen Aufschwung. Eine ehemalige Klosterkirche wurde 1869 zur städtischen Festhalle umgebaut, 1884 begann der Bau eines neuen Bahnhofs. 1908 nahm die Deutsche Reichspost hier die europaweit erste vollautomatisch arbeitende elektromechanische Ortsvermittlungsstelle in Betrieb. 1927 starten die ersten Flugzeuge vom Flughafen der Stadt.
Die Zeit des Zweiten Weltkrieges zählt zu den dunkelsten Kapiteln der Stadtgeschichte. Während des letzten Kriegsjahres waren bereits große Teile der Stadt bei Luftangriffen zerstört worden. Bombenangriffe am 22. März 1945 legten den mittelalterlichen Stadtkern fast vollständig in Schutt und Asche und begruben 1.200 Menschen unter den Trümmern. Nur wenige Gebäude – wie das Tempelhaus und das Rathaus – blieben schwer beschädigt stehen. Zahllose Immobilien wurden dem Erdboden gleichgemacht. Von einst 1.500 Fachwerkhäusern blieben nur 200 erhalten. Fast die Hälfte der Einwohner war nach diesem Anschlag obdachlos. Der legendäre Rosenstock verbrannte.
Doch ganz so, als wäre dies erneut ein Zeichen, trieb acht Wochen nach dem Inferno der tausendjährige Rosenstock wieder aus. Zwar nicht innerhalb von Wochen doch in den darauffolgenden Jahrzehnten wurde die zerstörte Stadt Stück für Stück wieder aufgebaut.
Hildesheim erfindet sich neu
Wie es sich für selbstbewusste Bürger gehört, entzündeten sich rund um den Wiederaufbau der Stadt hitzige Debatten darüber, inwiefern sich darin die Stadtgeschichte spiegeln soll. Das Gebäude der in der Nachkriegszeit entstandenen Stadtsparkasse war ein Beispiel dafür, sich einer modernen Formensprache zu öffnen, ohne geschichtsvergessen zu bauen. Heiße Diskussionen entspannen sich, als 1963 am Standort des ehemaligen Knochenhaueramtshauses ein vom Architekten Dieter Oesterlen entworfenes, strikt funktionalistisches Bauwerk fertiggestellt wurde.
Anfang der 1970erJahre wurde Hildesheim zur Hochschulstadt und nach Eingemeindungen zählte die Stadt erstmals mehr als 100.000 Einwohner, womit sie als Großstadt galt. Ein Status, den sie zwischenzeitlich wieder verlor.
Bürgerinitiativen setzten in den 1980erJahren Ihre Forderung durch, den ehemaligen Marktplatz zu rekonstruieren. Zwischen 1984 bis 1989 wurden in der Nachkriegszeit rund um den Markt entstandene Gebäude wieder abgerissen und stattdessen originalgetreue Rekonstruktionen errichtet, an der Südseite das Wedekindhaus, das Lüntzel- und das Rolandhaus, an der Westseite Bäckeramtshaus und Knochenhaueramtshaus sowie an der Nordseite die Stadtschänke, das Wollwebergildehaus und das Rokokohaus. So entstand der historische Markt neu mit dem Antlitz, das er vor seiner Zerstörung hatte. Die Gebäude rings um den Platz erzählen von den Ursprüngen unserer Stadt, ebenso wie die kleinen Fachwerkhäuser am Wall des Kehrwiederturms, die von den Bomben verschont blieben. Dom und Michaelskirche wurden von der UNESCO als Weltkulturerbe gewürdigt.
Als Stadt, die ihrer Geschichte ein Denkmal gesetzt hat, ist Hildesheim heute ein lebenswerter Ort, in dem historische, rekonstruierte wie auch moderne Bauten ihren Platz haben. Daher findet sich hier eine große Auswahl interessanter Immobilien. Vom Land Niedersachsen wurde die Stadt 2009 als eine der familienfreundlichsten des Landes ausgezeichnet. Indem bewusst „rauchlose“ Industrie angesiedelt wurde, ist die alte Bischofsstadt außerdem eine besonders saubere. Im Jubiläumsjahr 2015 lebten mehr als 100.000 Einwohner in Hildesheim, womit wir wieder eine Großstadt sind.
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